Rechnungsmerkmale - Vorsteuerabzug auch bei Angabe einer Briefkastenadresse

Die deutschen Finanzbehörden hatten den Vorsteuerabzug von zwei deutschen Unternehmen versagt, da der auf den Rechnungen angegebene leistende Unternehmer an der genannten Anschrift keine geschäftliche Tätigkeit ausübe und es sich lediglich um eine Briefkastenadresse handle. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 15.11.2017 (C-374/16 Geissel, C-375/16 Butin) jedoch festgestellt, dass die Angabe einer Briefkastenadresse auf einer Rechnung eine ordnungsgemäße Angabe im Sinne des Umsatzsteuerrechts darstellt, sofern der Leistungserbringer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Der EuGH betont, dass die gewöhnliche Bedeutung des Begriffs "Anschrift" jede Art von Anschrift umfasst, einschließlich einer Briefkastenadresse. Rechnungen müssen nur die in Art. 226 der MWSt-Rl 2006/112 genannten Angaben enthalten und die Mitgliedstaaten können die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts nicht von weiteren formellen Voraussetzungen abhängig machen, die nicht in der Richtlinie vorgesehen sind. Die Angabe von Name, Anschrift und UID des leistenden Unternehmers dient der Identifikation und Überprüfung des Geschäftsfalles durch die Steuerverwaltung.

Der EuGH trifft im oben genannten Urteil einige interessante Aussagen, die auch im Rahmen von Betriebsprüfungen hilfreich sein könnten:

Gemäß Art. 226 Nr. 5 MWSt-Rl 2006/112 ist auf der Rechnung u.a. die "vollständige Anschrift” des Leistungserbringers anzuführen. Hier stellt der EuGH fest, dass der Begriff "Anschrift” allgemein weit verstanden wird. Demnach umfasst die gewöhnliche Bedeutung dieses Begriffs jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, sofern die Person unter dieser Anschrift erreichbar ist.
Rechnungen müssen nur die in Art. 226 der MWSt-Rl 2006/112 genannten Angaben erhalten. Die mit diesen Angaben verbundenen Verpflichtungen sind eng auszulegen. Die Mitgliedstaaten können daher die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht nach eigenem Gutdünken von der Erfüllung formeller Voraussetzungen abhängig machen, welche in der MWSt-Rl nicht ausdrücklich vorgesehen sind.
Der Besitz einer Rechnung, die die in Art. 226 der MWSt-Rl vorgesehenen Angaben enthält, ist eine formelle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug. Sind die materiellen Anforderungen erfüllt, ist der Vorsteuerabzug zu gewähren, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen nicht genügt hat. Modalitäten, die die Angabe der Anschrift des Rechnungausstellers betreffen, können für den Vorsteuerabzug nicht maßgeblich sein.
- Die Angabe von Name, Anschrift und UID dient der Identifizierung des Rechnungausstellers und soll der Steuerverwaltung die Überprüfung des Geschäftsfalles ermöglichen. Aus der Sicht des
EuGH stellt die UID des leistenden Unternehmers die wesentliche Informationsquelle für die Identifikation dar.

Der EuGH hat also einen rein formalistischen Ansatz neuerlich relativiert (siehe insbesondere auch "Barlis” C-516/14). Die bloße Feststellung von formellen Mängeln rechtfertigt also nicht die Versagung des Vorsteuerabzuges. Dies entbindet den Steuerpflichtigen aber natürlich nicht von der Pflicht zur Überprüfung, ob alle Rechnungsmerkmale vorliegen.

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